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Bergkristalle und Mineralien suchen, das ist die Arbeit eines Strahlers oder im Urner Dialekt "Strahlners". In unserer Familie hat das Kristallesuchen Tradition. Albin Indergand, 1859 geboren, war ein international bekannter Kristallsucher. Die Kenntnisse hatte er sich erworben, weil sein steiles Bergbauernheimwesen "Bränd", mit drei Hektaren Land nicht ausreichte, um eine Familie mit zehn Kindern zu ernähren.

Im Jahr 1890 erlitt er beim Strahlnen einen schweren Unfall. Das von einem Gesteinsblock zertrümmerte Bein musste unterhalb des Knies amputiert werden. Dank einer einfachen Holzprothese und grosser Zähigkeit konnte er sein Heimwesen weiter bewirtschaften und Strahlnertouren in die höchsten Berge unternehmen.

Fünf seiner Söhne wurden auch Strahlner, allen voran Peter Indergand-Wipfli. Am Tag nach seiner Hochzeit 1929, übernahm er mit seiner Frau Marie die seit 1882 bestehende  Mineralienhandlung am Bahnhofplatz in Göschenen. Das Geschäft besteht heute noch und die Nachkommen von Peter Indergand-Wipfli stellen ihre Erfahrung und ihr Wissen gerne in den Dienst ihrer Kunden.

Bild unten von links: Peter Indergand, 1903, mit seiner Mutter Agatha Indergand-Baumann, 1862, seinem Bruder Josef, 1905 und seinem Vater Albin Indergand-Baumann, 1859.                                     Foto um 1914

Peter Indergand rechts mit seinen Eltern



Hier ein Aufsatz von Peter Indergand, den er als Sechstklässler ca. 1915 geschrieben hatte.

Aus meinen Herbstferien        O schöne Ferienzeit, zu schnell bis du dahingeeilt.

In den letzten Tagen der Ferien durfte ich mit meinem Vater auf den Bristenstock gehen, um Strahlen zu suchen. Früh gingen wir von unserem Berge weg, und mussten 4 Stunden weit gehen, bis wir an dem Orte waren, wo wir schon öfters Strahlen bekommen haben. Es war 9 Uhr und wir assen das "Nüni". Dann fingen wir an zu arbeiten, was sehr mühsam war, denn wir konnten kaum stehen. Wir erhielten für einige Franken "Adular" mit "Ahmiant". Es war elf Uhr und wir gingen noch weiter hinauf, bis nahe an den Kleinen Bristen. Von da wären wir in einer halben Stunde auf den Höchsten Bristen gewesen, aber der Vater war müde und sagte, ich solle Kaffee machen. Wir genossen das Mittagessen und mussten den Heimweg antreten. Es war 1 Uhr 45 Minuten. Wir kamen erst um 6 Uhr zu Hause an. Ich war müde; denn ich hatte ziemlich zu tragen gehabt. Nun war es bald Nacht und wir gingen ins Bett.           

Am 1. Oktober begann die Winterschule. Mich wunderte es, was für eine Lehrerin wir erhalten und ging nicht ungern in die Schule. (Schulweg 1 Std.) Wir erhielten die Schwester Bonaventura. Jetzt sitze ich schon den neunten Tag im Schulzimmer. Ich will fleissig sein, damit ich mir noch viele Kenntnisse erwerbe.  Note 2


Das Ferienerlebnis,welches der Bergbub hier beschreibt, war vermutlich der Höhepunkt in seinen Sommerferien. Peter durfte, wohl als Anerkennung für sein Helfen beim Heuen und Viehhüten, mit seinem gehbehinderten Vater Albin, diese Tour zum Bristenstock, 3072.5 m, machen. Die Familie besass ein Maiensäss, im Kanton Uri "Berg" genannt, von wo aus die beiden Ende September zu ihrer Strahlnertour aufbrachen. Es ist interessant, wie sich im Aufsatz die Freude an der Natur, die körperliche Leistung, der wirtschaftliche Ertrag und der Tagesablauf zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügen.


Prothese von Albin Indergand, der im Jahe 1890 beim Kristallsuchen am Schattig Wichel im Fellital im Kanton Uri, einen Unfall erlitt und ihm als Folge davon ein Bein amputiert werden musste.

Rechnung für eine neue Prothese aus dem Jahre 1909. Der Preis von Fr. 160.00 ist bemerkenswert.

Stammhaus der Strahlnerfamilie Indergand in den Bränd im Ried ob Amsteg, Kanton Uri.